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Ein Mehr an Transparenz

Nach Hamburg hat auch Rheinland-Pfalz jetzt ein Transparenzgesetz. Bürger müssen damit nicht mehr um jede Information aus Behörden betteln, sondern können diese im Internet abfragen. Wir haben Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gefragt, was das Gesetz bringt und was Nordrhein-Westfalen davon lernen kann.

Frau Ministerpräsidentin, der rheinland-pfälzische Landtag hat am 11. November ein Transparenzgesetz beschlossen. Was steht drin? Malu Dreyer


Mit dem Transparenzgesetz werden Landesinformationsfreiheitsgesetz und Landesumweltinformationsgesetz zusammengeführt. Wir gehen aber noch weit darüber hinaus. Ziel ist es, die Daten und Informationen der Landesregierung auf einer Transparenz-Plattform bereitzustellen. Damit gewähren wir das Recht auf Zugang zu diesen Informationen umfassend, ohne Antragsverfahren, also auch ohne Begründung oder Darlegung eines Interesses.

So werden beispielsweise erläuterte Ministerratsbeschlüsse, in öffentlicher Sitzung gefasste Beschlüsse inklusive Protokolle und Anlagen, wesentliche Inhalte von Verträgen von allgemeinem öffentlichen Interesse von einem Auftragswert ab 20.000 Euro oder Stellenpläne, Geschäftsverteilungspläne und Aktenpläne auf die Transparenz-Plattform gestellt. Auch Gutachten und Studien, soweit sie von Behörden in Auftrag gegeben wurden, in die Entscheidungen der Behörden eingeflossen sind oder ihrer Vorbereitung dienten und Zuwendungen bei Fördersummen ab 1.000 Euro werden dort zu finden sein.

Die standardmäßige Befüllung der Transparenz-Plattform soll schrittweise bis 2019 erfolgen. Das liegt daran, dass wir zunächst flächendeckend die elektronische Akte einführen müssen. Nur so kann für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltungsaufwand in einem vertretbaren Rahmen gehalten werden. Erste Informationen werden aber bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2016 auf die Plattform gestellt. Des Weiteren regelt das Gesetz, dass berechtigte öffentliche Interessen sowie die Interessen privater Dritter geschützt werden. Mit anderen Worten: transparent heißt nicht gläsern, denn der Datenschutz ist uns ein wichtiges Anliegen.

Welche Vorteile haben die Bürgerinnen und Bürger durch das Transparenzgesetz?

Dreyer: Das Gesetz dient sowohl einem Mehr an Transparenz als auch der Verbesserung der Kontrolle von Politik und Verwaltung durch die Bürger und Bürgerinnen. Durch das Bereitstellen der Daten und Informationen auf der Transparenz-Plattform ist kein Antragsverfahren mehr notwendig. Die Bürger und Bürgerinnen haben also ohne jeden Verwaltungsakt Zugriff auf die gewünschten Daten und Informationen und zwar von einem Ort aus und zu einem Zeitpunkt, den sie selbst bestimmen. Es ist also ein extrem niedrigschwelliger Zugang. Die Nutzerfreundlichkeit der Plattform wollen wir zudem durch eine eigene Suchfunktion und eine Rückmeldefunktion gewährleisten.

Dieser unkomplizierte und schnelle Zugang zu den Daten und Informationen der Verwaltung macht die Entscheidungsgrundlagen von Politik und Verwaltung besser nachvollziehbar. Das Verhältnis von Staat und Bürger wird sich dadurch ändern, es wird zu einem wirklichen Kulturwandel kommen. Durch den einfachen Zugang zu mehr Informationen ist es den Bürgern und Bürgerinnen auch weitaus besser möglich, politische Entscheidungen nicht nur nachzuvollziehen, sondern sich auch aktiv einzubringen und sich zu beteiligen. Aus diesem Grund ist das Transparenzgesetz einer der zentralen Punkte meines Fahrplans für mehr Bürgerbeteiligung. Letztlich ist das Transparenzgesetz damit für mich ein Mittel zur Stärkung der Demokratie.

Wie sah der Weg zum Transparenzgesetz aus? Woher kam der Anstoß und wie entstand das Gesetz?

Dreyer: Das Gesetz wurde von der Landesregierung in den Landtag eingebracht. Bereits im Koalitionsvertrag der aktuellen rot-grünen Landesregierung aus dem Jahr 2011 hatten wir festgehalten, dass wir Landesinformationsfreiheitsgesetz und Landesumweltinformationsgesetz zusammenführen wollten. Ich habe dann nach meinem Amtsantritt im Januar 2013 meinen Kabinettskollegen vorgeschlagen, dies aus den bereits genannten Gründen zu nutzen, um – unter anderem nach Hamburgischem Vorbild – ein Transparenzgesetz für Rheinland-Pfalz auf den Weg zu bringen.

Wie schon geschildert spielen für mich die Stärkung der Demokratie und die Intensivierung der Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger und Bürgerinnen eine große Rolle. Daher sind wir bereits beim Gesetzgebungsverfahren neue Wege gegangen: Wir haben zwischen der ersten und zweiten Ministerratsbefassung die klassische und in unserer Geschäftsordnung vorgeschriebene Verbändeanhörung um ein freiwilliges Beteiligungsverfahren ergänzt. Wir wollten uns damit die Expertise der Bürger und Bürgerinnen, insbesondere aber der besonders betroffenen Fachgruppen einholen.

In sieben moderierten Veranstaltungen sowie einer begleitenden Online-Beteiligung haben sich die Teilnehmenden ausführlich mit dem Transparenzgesetz befasst. Ihre Kommentare und Anregungen sind – soweit sie nicht die Anwendung des Gesetzes betreffen – in den Gesetzentwurf eingeflossen, den wir dann Anfang Juli dieses Jahres in den Landtag eingebracht haben. Die zweite Lesung durch den Landtag sowie die Verabschiedung des Gesetzes fanden am 11. November 2015 statt. Das Gesetz wird zum 1. Januar 2016 in Kraft treten.

Was kann NRW von Rheinland-Pfalz in Bezug auf Gesetz und Gesetzgebungsprozess lernen?

Dreyer: Ich kann die innovative Vorgehensweise beim Gesetzgebungsverfahren nur empfehlen. Auch wir werden prüfen, ob und bei welchen zukünftigen Gesetzgebungsverfahren wir das wieder so praktizieren. Wir haben damit den Kulturwandel innerhalb der Verwaltung, den ich mit dem Gesetz auch erreichen will, schon im Verfahren angestoßen. Zugleich haben wir das Transparenzgesetz durch den Beteiligungsprozess bereits in der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Und schließlich kann es auch beziehungsweise gerade bei einem Gesetz nicht schaden, wenn sich die Bürger und Bürgerinnen ebenso wie Experten mit ihrem vielfältigen Wissen an der Entstehung beteiligen.

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