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Freie Fahrt für freie Daten

Am 23. Februar war weltweit Open Data Day. In Deutschland wurden in sechs deutschen Städten Aktionen und Veranstaltungen durchgeführt. Wir haben uns mit Aktiven der Szene in Wuppertal getroffen und gefragt, was man mit Open Data anfangen kann. Im Gespräch mit Sebastian Sackermann, Informatiker und Ratsmitglied der Stadt Wuppertal, haben wir nach dem praktischen Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger gefragt.

Was ist Ihr Projekt am Open Data Day?

Sackermann: Ich habe bisher eine Demo gebaut, die auf einer Google-Karte zeigt, wo wann ein Stadtbus ankommt. Es gibt zwar ein Portal, dass den Leuten zeigt, wann ein Bus wo ankommt, aber da ist weder eine Karte dabei, noch wird der Standort des Benutzers angezeigt. Es wäre einfacher, wenn das Programm feststellen könnte, wo man gerade ist und einem dann automatisch mitteilt, wann der nächste Bus in die gewünschte Richtung abfährt. Daran arbeite ich gerade. Wenn man sich noch ein paar Arbeitstage länger daransetzen würde, könnte man sogar live anzeigen lassen, wo mein Bus gerade ist.

Das wäre übrigens auch für Ortsfremde sehr praktisch. Haben Sie noch weitere Open Data Projekte?

Sackermann: Gemeinsam mit anderen versuche ich gerade für Wuppertal ein Portal zu kreieren, das ähnlich wie das Portal „Offenes Köln“ gestaltet ist. Denn wie in anderen Städten gibt es auch in Wuppertal ein sogenanntes Ratsinformationssystem. Da sind zwar alle Sitzungstermine und Vorlagen drin, es ist aber eher eine Expertensoftware, gemacht von Verwaltungsleuten für Verwaltungsleute und deshalb vor allem für normale Bürgerinnen und Bürger schwer zugänglich. Leute, die damit nicht jeden Tag umgehen, sind schnell überfordert. Wenn man eine Drucksachennummer kennt, kann man gut recherchieren, wenn nicht, findet man nichts. Wenn man sich dafür interessiert, was gerade in der eigenen Bezirksvertretung passiert, ist das kaum herauszufinden, denn die Seiten sind verschachtelt. Anders auf dem Portal „Offenes Köln“. Da hat jemand eine Software geschrieben, die eigentlich nichts anderes macht, als regelmäßig alle Informationen aus dem üblichen Ratsinformationssystem abzusaugen und benutzerfreundlich abzubilden. Es ist schöner gestaltet. So wird aus einem Ratsinformationssystem ein Bürgerinformationssystem.

Und das Portal Offenes Köln ist da ein Vorbild?

Sackermann: Ja, genau. Es hat zahlreiche Vorteile. Es ist immer aktuell. Man kann den eigenen Wohnort eingeben und sieht so schnell alle relevanten Beiträge. Die Homepage ist gut strukturiert. Da lässt man die Leute, die sich für Kommunalpolitik interessieren, nicht gegen eine Wand laufen. So was wollen wir auch für Wuppertal.

Was sind denn die Voraussetzungen, die man erfüllen muss, um ein solches Portal für die eigene Stadt zu schaffen?

Sackermann: Man muss genug Informationen haben und die richtigen Leute zusammenbringen. Die Plagiatssoftware, die Guttenberg entlarvt hat, ist ja eigentlich relativ simpel: man muss zwei Texte vergleichen und die plagiierten Stellen markieren. Als Programmierer vergleiche ich ständig Texte. Andere Leute überprüfen den ganzen Tag, ob in einer wissenschaftlichen Arbeit richtig zitiert worden ist, wieder andere können Grafiken gestalten. Das heißt, man muss die Einzeltalente nur zusammenbringen und dann entsteht daraus etwas, woran vorher vielleicht niemand gedacht hätte. So könnten noch viele Ideen entstehen, die man sich als Einzelner gar nicht vorstellen kann. Hier wird auf jeden Fall ein Mehrwert entstehen.

Wie kann man denn etwas, das noch nicht existiert, vermitteln? Wie kann die Idee von Open Data in der Bevölkerung verbreitet werden?

Sackermann: Wer den Begriff Open Data das erste Mal hört, vermutet dahinter möglicherweise etwas rein Technisches. Aber eigentlich ist er relativ unbestimmt. Alle Informationen, die irgendwo offen herumliegen und frei zugänglich sind, sind Open Data. Ich glaube, dass Open Data dann gut ist, wenn der User gar nicht merkt, was dahinter steckt. Google macht ja nichts anderes. Es nimmt Daten, deren Erhebung der Bürger durch seine Steuerzahlungen erst ermöglicht hat, und bietet sie denen an, die danach suchen. Da ist es doch logisch, dass man sagt, wenn die Bürger schon für die Daten bezahlt haben, sollen sie sie auch finden können. Vieles, was Behörden machen, sollte unter dem Label „public domain“ stehen.

Würde die Umsetzung nicht schneller gehen, wenn man die Kommunen per Gesetz zur Umsetzung von Open Data verpflichten würde?

Sackermann: Ein Gesetz, das dazu verpflichtet, Daten öffentlich zu machen, wäre sicherlich ein gutes Gesetz. Natürlich würde das dann keine Berufsgeheimnisse oder persönliche Daten beinhalten. Es spricht ja nichts dagegen beispielsweise publizieren zu müssen, wo es in einer Stadt Kindertagesstätten gibt und wie viele Plätze dort noch frei sind.

Wenn solche Ideen auf der Hand liegen, warum machen das die Kommunen dann nicht?

Sackermann: Die Kommunen machen eine ganze Menge. Die Einzelteile sind aber unverknüpft und nicht miteinander verlinkt. Manchmal führen interessante Informationen unter der siebten Unterseite ein Nischendasein. In Wuppertal sind die Entscheidungsträger in der Informationsverarbeitung auch die einer älteren Generation. Für einige davon ist „online“ per se ein Sicherheitsrisiko. Und dann gibt es auch noch die, die so sind, wie Verwaltungsmenschen eben auch sein können und durch Bürgeranfragen nicht bei ihrer Arbeit gestört werden möchten. Letztlich ist es auch eine Frage des Willens. Mir kann niemand erklären, warum ich in Hongkong ein Paket bestellen kann und auf zwei Stunden genau mitgeteilt bekomme, wann es bei mir zu Hause eintrifft, ein Bürger aber keine Chance hat, herauszufinden, wie lange die Bearbeitung eines Bauantrages dauert.

Wie lange wird es dauern, bis Open Data in Amtsstuben Standard wird?

Sackermann: Ich denke, dass die Erwartungshaltung der Bürgerschaft gegenüber der Verwaltung auf die Dauer zunehmen wird. Je besser sich die Leute mit Datenverarbeitung auskennen, umso mehr erleben sie eine schlechte Stadthomepage als fehlerhaftes und totes Produkt. Kommerzielle Homepages sind da weiter. Sie laden die Kunden ja ein, irgendetwas zu tun, also sich umzusehen und zu kaufen. Seiten, die nicht informieren und zur Mitarbeit einladen, fühlen sich irgendwann kaputt an. Wer weiß, wie man im Internet eine Ware bestellt, wird auch irgendwann kopfschüttelnd vor einer unzureichenden städtischen Internetseite stehen. Wer sich einen halben Tag freinehmen muss, um einen Bauantrag ausgedruckt und ausgefüllt zum Bauamt zu tragen, um einen Stempel abzuholen und danach überhaupt nicht zu wissen, was als nächstes passiert, das werden die Menschen immer weniger hinnehmen. Die Erwartungshaltung wird wachsen, bis sich irgendwann auch niemand mehr gegen Open Data wehren kann. Das hoffe ich zumindest.

Die Fragen stellte Jörg Rostek, Vorstandmitglied von Mehr Demokratie NRW

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