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© Andrea Kuenstle

Heimlichtuerei in Bonn

Die Sanierung des Bonner Hauses der Bildung wurde acht Millionen Euro teurer als geplant. Ein Rechnungsprüfungsbericht deckt auf, warum es dazu kommen konnte. Doch die Stadt macht ihn öffentlich nicht zugänglich. Warum die Bonner Bürger für das Haus der Bildung zusätzliches Steuergeld aufbringen mussten, erfahren sie nur, weil eine Lokalzeitung den Rechnungsprüfungsbericht unter der Hand bekommen hat. Für das Bündnis „NRW blickt durch“ aus Bund der Steuerzahler NRW, Mehr Demokratie NRW, NABU NRW und Transparency Deutschland ist die Stadt deshalb „Heimlichtuer des Monats“.

Als der Bonner Rat den Sanierungsbeschluss für das Alte Stadthaus fasste, ging dieser von 19,8 Millionen Euro Investitionskosten aus. Doch das heutige Haus der Bildung, das u.a. die Volkhochschule und die Stadtbibliothek beherbergt, wird voraussichtlich mit einem Investitionsvolumen in Höhe von 26,4 Millionen Euro abgerechnet. Möglicherweise wird es sogar mehr. Die Maßnahme befindet sich noch in der Abrechnung. Kein Klacks für eine Stadt mit einem Schuldenberg von über 1,6 Milliarden Euro und einem aktuellen Defizit von fast 86 Millionen Euro. Die Eröffnung war ursprünglich im Jahr 2014 geplant. „Es wurden, nachdem erkennbar war, dass der Eröffnungstermin nicht gehalten werden kann, Zwischentermine vereinbart. So zog beispielsweise die Verwaltung der Stadtbibliothek und der VHS im Frühjahr 2015 in ihre Räumlichkeiten. Die Eröffnung des gesamten Gebäudekomplexes fand am 21. August 2015 statt“, erklärt die Stadt.

Kostenexplosion

Ein Bericht des Rechnungsprüfungsamtes in Bonn deckt auf, warum die Kosten für das „Haus der Bildung“ so explodierten. Doch diesen Bericht dürfen Bürger und Journalisten nicht einsehen. „Da es sich um einen nichtöffentlichen Bericht des Rechnungsprüfungsamtes handelt, geben wir dazu grundsätzlich keine Auskunft. Eine Zusendung des Berichts ist deshalb auch nicht möglich“, so die Stadt Bonn auf Nachfrage des Bundes der Steuerzahler.

Dennoch sind die Versäumnisse bei diesem Projekt durchgesickert. Jemand, der Zugang zum Rechnungsprüfungsbericht hatte, spielte ihn dem Bonner Generalanzeiger zu. Er oder sie fand es wohl wichtig, dass die Öffentlichkeit erfährt, warum es zu den Kostensteigerungen gekommen ist. Der Bonner General-Anzeiger berichtete, dass es über Jahre chaotische Zustände auf der Baustelle am Mühlheimer Platz gegeben habe. Drei schwerwiegende Fehler seien gemacht worden.

Drei schwerwiegende Fehler

Fehler 1: Die Kosten waren zu niedrig angesetzt. Bei Ratsbeschluss sei der Rat von 19,4 Millionen Euro ausgegangen. Die Städtische Gebäudewirtschaft Bonn (SGB) soll aber zu diesem Zeitpunkt schon gewusst haben, dass es eher 21 Millionen Euro werden. Die SGB soll überall den Rotstift angesetzt haben und hätte damit aber jeglichen Sicherheitspuffer verloren. Gerade wegen der Unwägbarkeiten beim „Bauen im Bestand“ wäre aber ein Risikozuschlag von 20 Prozent nötig gewesen, so die Prüfer.

Fehler 2: Es habe Kommunikations- und Kompetenzprobleme gegeben. Mangelnde Abgrenzung von Aufgaben und Kompetenzen hätten immer wieder zu Missverständnissen in den Kommunikationswegen und Verantwortlichkeiten geführt. Der externe Projektsteuerer, den die SGB engagiert hatte, sei mit einer zu großen Zahl anderer Bauprojekte überlastet gewesen.

Fehler 3: Auch der städtische Projektleiter sei überfordert gewesen. Der General-Anzeiger berichtet, dass dieser von 2011 bis Herbst 2014 alle Bauherrenaufgaben der Stadt alleine geschultert habe. Als die RPA-Prüfer sich später sein Büro angeschaut hätten, seien sie auf lose Blattsammlungen gestoßen. So blieben Nachträge von Firmen lange unbearbeitet, was zu weiteren Verzögerungen auf der Baustelle führte. Erst nachdem das SGB Ende 2014 eine neue Projektleitung installierte, hätte das Haus der Bildung vollendet werden können - im August 2015 mit anderthalb Jahren Verzug. Ob es bei den Endkosten von rund 27 Millionen Euro bleibt, sei unklar, weil die Stadt noch mit Firmen im Streit liege.

Projektorganisation „verbesserungswürdig“

Laut RPA hätten allein die „Planungs- und Ausschreibungsmängel“ beim Rohbau Mehrkosten von 2,5 Millionen Euro verursacht. Durch das vom SGB ignorierte Risiko beim Bauen im Bestand seien weitere 1,1 Millionen Euro hinzugekommen. Fazit der Prüfer laut General-Anzeiger: Professionelle Projektorganisation, Kostentransparenz, Bauherrenkompetenz sowie Vergabe- und Vertragsgestaltung“ seien „in vielen Bereichen stark verbesserungswürdig gewesen“. Die Prüfer hätten auch gefordert, dass das SGB aus den Fehlern lernen muss. Doch die Abstimmung über die zu ziehenden Konsequenzen befindet sich noch in verwaltungsinterner Abstimmung. Aus dem Grund kann die Stadt noch nichts Abschließendes berichten, wie der Bund der Steuerzahler bei seinen Recherchen erfuhr.“

Geheime Kommandosache

Ob das alles stimmt, was der Bonner General-Anzeiger schreibt, kann leider offiziell kein Bürger oder Journalist nachprüfen, denn der Rechnungsprüfungsbericht ist geheime Kommandosache. Wer ihn weitergibt, begeht Geheimnisverrat und macht sich sogar strafbar. Wann ist endlich Schluss mit dieser absurden Heimlichtuerei? Um schützenswerte, personenbezogene Daten kann es hier wohl kaum gehen. Eher sieht es so aus, als wollte die Stadt über ihre Versäumnisse ein Deckmäntelchen ziehen. Es ist aber im öffentlichen Interesse und das Recht der Bürger zu erfahren, wer im Falle von Steuergeldverschwendung durch Missmanagement und Fehlplanung verantwortlich ist.

Für Transparenzgesetz Das Bündnis „NRW blickt durch“ fordert deshalb ein Transparenzgesetz, durch das die Kommunen verpflichtet würden, wichtige Informationen wie Rechnungsprüfungsberichte zu veröffentlichen.

Heimlichtuer

Seit April 2014 küren wir öffentliche Stellen in NRW, wenn diese durch Auskunftsverweigerung auffallen oder bei ihrem Handeln Transparenzlücken für die Öffentlichkeit deutlich werden.

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