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© Thorben Wengert / pixelio.de

Gerichte verhindern Heimlichtuerei

Gut vier Monate musste sich die Bild-Zeitung durch alle Instanzen auf die Herausgabe der Verträge zwischen der Stadt Essen und dem Flüchtlingsheim-Betreiber „European Homecare” (EHC) klagen und bekam schließlich Recht. Es ging um die genauen Kosten, die die Stadt Essen für die Unterbringung von Flüchtlingen laut Vertrag zu zahlen hatte.

Die Stadt Essen hatte der Bild den mit der Firma EHC geschlossenen Vertrag zwar auf Anfrage zukommen lassen, allerdings mit geschwärzten Stellen. Im Oktober 2016 hatte die Bild schon in erster Instanz vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Recht bekommen.

Gegen diesen Beschluss hatte EHC Beschwerde eingelegt. Der Asylheim-Betreiber hatte sich auf den Schutz seiner Geschäftsgeheimnisse berufen. Doch ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies die Beschwerde Ende Januar 2017 als unbegründet zurück.

Öffentliches Interesse an Berichterstattung

Die Richter stellten fest, dass die Vertragsinhalte keine Kalkulationsgrundlagen enthielten. Somit ermöglichten sie keine Rückschlüsse auf die interne Preiskalkulation des Flüchtlingsheim-Betreibers. Demgegenüber betreffe das Auskunftsersuchen des Antragsstellers die sparsame und sachgerechte Verwendung öffentlicher Mittel bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben und diene damit zugleich einer Kontrolle der Verwendung von Steuergeldern. Weil die Bewältigung der Aufgabe der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen durch eine der größten Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen sowie die daraus entstehenden langfristigen hohen Kosten für die Allgemeinheit von weitreichender Bedeutung seien, bestehe ein gesteigertes öffentliches Interesse an der Berichterstattung.

Das öffentliche Informationsinteresse ziele nicht nur auf Transparenz, um die sachgerechte Verwendung öffentlicher Gelder nachvollziehen zu können, sondern auch auf alle rechtlichen Verpflichtungen, die die öffentliche Hand eingegangen sei. Das öffentliche Interesse an der Offenlegung wiege umso schwerer, wenn sich die öffentliche Hand aufgrund langer Laufzeiten in besonderer Weise zeitlich gebunden hat, so das OVG in seiner Urteilsbegründung.

Geschwärzte Unterlagen

Die Stadt Essen hatte die Teile des Vertrags geschwärzt, die nach Auffassung der Verwaltung auch unter schützenswerte Geschäftsgeheimnisse hätten fallen können. Damit habe die Verwaltung eine Risikoabwägung vorgenommen, um eine Klage seitens EHC gegen die Stadt Essen auszuschließen, so die Stadt Essen. So wurde entschieden, durch das Verwaltungsgericht eine eindeutige Entscheidung herbeizuführen. Doch die Stadt Essen müsste es eigentlich besser wissen. Es gibt mittlerweile ausreichend viele Urteile in Auskunftsstreitigkeiten, die das öffentliche Interesse höher werten als vorgeschobene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Dritten, mit denen Kommunen Verträge geschlossen haben.

Noch eindeutiger kann es nur werden, wenn auch das Land NRW endlich ein Transparenzgesetz verabschiedet, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen. Wenn Kommunen immer noch bereit sind, Zeit und Steuergeld zu investieren, um sich mit allen Mitteln vor ihren Auskunftspflichten herumzudrücken, wird es höchste Zeit, dass der Gesetzgeber klare Regeln schafft.

Stadt Essen zum dritten Mal „Heimlichtuer“

Zudem fällt die Stadt Essen zum wiederholten Male mit Transparenzmängel auf. Das Transparenz-Bündnis „NRW blickt durch“, bestehend aus Bund der Steuerzahler, Mehr Demokratie, NABU NRW und der Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland hatte die Stadt Essen bereits 2015 zum „Heimlichtuer des Monats“ ernannt. Das Bündnis kritisierte, dass sich die Stadt Essen bei der Aufklärung des Finanzierungsskandals um das Essener Fußballstadion nicht in die Karten gucken ließ und keinen Zugang zu den Ergebnissen des Rechnungsprüfungsberichts gewährte. In einem anderen Fall ging es um die Versorgung des abgewählten Oberbürgermeisters. Die Stadt behauptete, dass es einen Pensionsanspruch gebe, dass sie aber wegen der Persönlichkeitsrechte des Ex-OB keine Einzelheiten nennen könne. Zudem hat der Rat die Entscheidung über anrechnungsfähige Vordienstzeiten an die Verwaltung delegiert. Das hielt das Bündnis für extrem fragwürdig.

Heimlichtuer

Seit April 2014 küren wir öffentliche Stellen in NRW, wenn diese durch Auskunftsverweigerung auffallen oder bei ihrem Handeln Transparenzlücken für die Öffentlichkeit deutlich werden.

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